Das Duo Gerda Lampalzer und Manfred Oppermann widmet seit über einem Jahrzehnt seine Arbeit vor allem dem Thema geistiger und materieller Manipulation. Ihre Übertragung von Formalismen aus der Übersinnlichenforschung auf medientheoretische Ansätze führt Nina Rippel aus.
„Paranormal“ (16 mm, 50 min, Österreich 1997) ist der erste gemeinsame Film von Gerda Lampalzer und Manfred Oppermann. Gleich zu Beginn des Films ermitteln die beiden ihre gesundheitliche Verfassung durch Kirlianfotografie und positionieren sich in einem Feld unscharfer Beobachtungen – „psychischer Faktor: Angst“. Sie dokumentieren Grenzwissenschaftler aus der Parapsychologie wie Geisterjäger und Tonbandstimmenforscher und inszenieren das, was sie im Umgang mit der Hervorbringung paranormaler Phänomene inspiriert hat, in Performances, Fotoserien und Super 8 Filmen. Ein kinetisches Objekt erscheint, auf dem Strahlen farbig pulsieren. Eine ruhige freundliche Stimme hebt an:
„Geräte einschalten, bitte! Mikrofone einschalten! Liebe Freunde aus der anderen Daseinsebene, wir begrüßen euch aufs Herzlichste und hoffen auf eure Unterstützung“…. „Nach euren Durchsagen und unseren Aufzeichnungen möchte ich an euch folgende Frage richten: welche technischen Hilfsmittel könnten wir oder sollten wir anwenden, um einen guten Kontakt oder Anschluss an das kosmische Informationsfeld zu erreichen? Ich bitte euch, liebe Freunde um eine Antwort.“
Die Stimmenaufzeichnung als Abbildungsvorgang wird hier als etwas eröffnet, das sich ereignet – unkalkulierbar – aber mit Hilfe eines medialen technischen Verfahrens, welches mit Freunden anderen „Daseinsebenen“ über das „kosmische Informationsfeld“ verhandelt werden kann. Der Film parallelisiert die Versuchsanordnungen zur Hervorbringung paranormaler Phänomene mit den eigenen ästhetischen Strategien, bildschöpfende Verfahren zu entwickeln: Eine gemeinsame Konzeption, in der unkalkulierbare Bild- und Tonwelten als antizipierte Zufälle hervorgebracht werden können, die ihre medialen technischen Herstellungsverfahren mit abbilden. Diese „Settings“ bilden das Feld für die Zusammenarbeit von Gerda Lampalzer und Manfred Oppermann, in dem das Unvorhersehbare als Drittes entstehen kann.
Weiterlesen......Die absurd anmutenden Versuche und Experimente der Grenzwissenschaftler schaffen Anlässe für beide, selbst performativ zu agieren und die Anregungen in die eigene Kunstproduktion zu übernehmen. Gerda Lampalzer präpariert einen Schrank nach dem Experiment von J. Staudenmaier. Durch gedankliche Konzentration auf einen Gegenstand soll dessen Bild aus den Augen heraus projiziert und in dem völlig abgedunkelten Schrank fotografisch festgehalten werden. Manfred Oppermann konzentriert sich unter starkem körperlichem Einsatz und hohem Bierkonsum auf die gedankliche Belichtungen von Fotos in Nachspielung der Gedankenfotografie von Ted Serios.
Paar normal
Künstlerpaare wecken Sehnsüchte nach gemeinsamer Entfaltung künstlerischer Arbeit, Liebe und dem Teilen ästhetischer Vorstellungen, so, als könne man sich gegenseitig in die Köpfe schauen. Die eigenen Bilder im Kopf glitschen aber davon, wenn man sie kommuniziert. Es braucht einen konzeptionellen Rahmen, in dem jeder agieren kann, um Unhaltbares zu fassen. „Kunst ist wie Seife“, so der Titel einer gemeinsamen Fotoserie von Gerda Lampalzer und Manfred Oppermann, die seit 1993 gemeinsam künstlerisch arbeiten.
Mit Gerda Lampalzer verbindet mich eine langjährige Freundschaft und der beständige Austausch über unser Kunst- und Filmschaffen. Während Sie an der Universität Wien Kommunikationstheorie studierte und über Videokunst promovierte, studierte ich zusammen mit Manfred Oppermann an der Hochschule für bildende Künste in Hamburg und baute mit ihm und anderen die „thede“, eine unabhängige Filmproduktion in Hamburg auf. Gerda Lampalzer arbeitete als Medienkünstlerin in der „Medienwerkstatt Wien“, beide Produktionszentren verband die Nähe zur Kunst und zur experimentellen dokumentarischen Arbeit. Der Nachtzug „Hans Albers“ von Hamburg Altona nach Wien Westbahnhof wurde zur Verbindungsstrecke. Eine Affinität zu Bahnhöfen blieb. Mit der Arbeit „Reilluminierte Fahrplanzylinder “ betrieben Lampalzer/Oppermann von1996 bis 2002 eine permanente Fotoausstellung im öffentlichen Raum des Südbahnhofs Wien.
Doppelbelichtungen
Neben den Filmen entstanden Fotoserien als Leporellos, Daumenkinos und Leuchtkästen. Das alltägliche private Leben, ersponnene Geschichten, vermeintliche Beobachtungen und Entdeckungen bilden die inhaltlichen Ressourcen für Lampalzer/Oppermann. Ihre gemeinsame Produktion braucht ein offenes Spiel, dessen Regeln gemeinsam verhandelt werden. Für die Fotoarbeit „Fatefull Composition“ (1998) belichteten beide hintereinander den selben Film, der in der Kamera zurückgespult wurde. Für jeden Bedeutsames überlagert sich nun in einem neuen Bildgefüge, zufällig aber nicht beliebig. Dieser konzeptionelle Raum bildet nicht nur eine gemeinsame Basis auf der jeder für sich agieren kann, sondern lässt offen, was nur gemeinsam autorisiert werden kann.
Einen „begehbaren Film“ nennen Lampalzer/Oppermann ihre Arbeit „Experiment of the Month“, die 1997 während eines Stipendiums in Kanada entstanden ist. Auf zwei durchgehenden Diastreifen mit je 5 m Länge, die im Raum aufgespannt werden, ist eine Nachinszenierung von wissenschaftlichen Experimenten zu sehen, wie sie in der Kolumne des Magazins „Spektrum der Wissenschaft“ regelmäßig beschrieben werden. Eine bewegliche Linse ermöglicht die gleitende Betrachtung der einzelnen Fotos. Die „Montage“ zwischen den Bildern erzeugen die Betrachter mit ihren Bewegungen und Blicken zwischen den beiden Filmstreifen.
Die Nähe der beiden zum filmisch montierenden Verfahren erzeugt Doppelbelichtungen, in denen ein Medium über das andere erzählt, es als poetische Form der Reflexion zitiert und persifliert. Das „thematische und formale Zielgebiet“ der gemeinsamen Bildersuche sind die technischen und medialen Verfahren zur Bildproduktion, die eine Möglichkeit bilden zusammen zu arbeiten, in einem doppelten Spiel mit Anschlüssen zum Offenen des „kosmischen Informationsfeldes“.
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Nach dem Studium der Kunstpädagogik an der Hochschule für bildende Künste in Hamburg gründete Nina Rippel 1980 das Filmzentrum „die thede“ mit und arbeitet seit 1984 als Filmegisseurin. Filme unter anderem: „Unter Horizont“, 16mm, s/w, 9 Min, 1988; „Der geflüsterte Film“, 16mm, 67 Min, 1993 (Preis der deutschen Filmkritik). 1994-2001 Kunstpädagogin am Gymnasium Kaiser-Friedrich-Ufer in Hamburg, Gründung einer Filmwerkstatt mit Schülern, 1994-1997 Professorin für Medien an der Fachhochschule in Frankfurt am Main, 2001- 2013 Dozentin für Kunst und Kunstpädagogik mit dem Schwerpunkt Film an der Universität Lüneburg, seit 2013 Kunstpädagogin am Gymnasium Hochrad in Hamburg, wissenschaftlichen Begleitung und Beratung der KurzFilmSchule, Referentin der Schulkinowochen, Niedersachsen, Bremen und Hamburg, Forschung zum Thema Filmbildung.